300
Jahre Gold- und Silberschmiede-Innung Düsseldorf
300
Jahre Goldschmiede in Düsseldorf
Am
13. April 1707 genehmigte Kurfürst Johann Wilhelm (Jan Wellem)
die Satzung der Gold- und Silberschmiede-Zunft Düsseldorf. Damit
wurde diese Berufsorganisation erstmalig in Düsseldorf amtlich
bestätigt. Der kunstliebende barocke Fürst (Regentschaft
1679 – 1716) brachte seine Residenzstadt Düsseldorf zu
wirtschaftlicher Blüte, auch durch seine aufwändige Hofhaltung,
mit der er insbesondere Kunst und Kunsthandwerk förderte.
Die Blütezeit
des Düsseldorfer Kunsthandwerks endete mit dem Tod Jan Wellems
im Jahr 1716. Er hinterließ hohe Schulden. Sein Nachfolger Kurfürst
Karl Philipp hat nie in Düsseldorf residiert.
Unter der Herrschaft
Napoleons wurden im hiesigen Großherzogtum am 31.01.1809 sämtliche
Zünfte offiziell aufgehoben. Damit begann die Gewerbefreiheit.
Über Goldschmiedearbeiten der folgenden Jahrzehnte ist wenig
überliefert. Es wird von neubarocken, neugotischen und klassizistischen
Gold- und Silberschmiedearbeiten berichtet. Artikel, die zuvor dem
Handwerk vorbehalten waren, wurden zunehmend industriell hergestellt.
Das gilt in erster Linie für die Besteckherstellung. Die Allgemeine
Preußische Gewerbeordnung von 1845 ließ zwar Innungen
wieder zu, allerdings ohne Zwangsmitgliedschaft. Zur Bildung einer
Innung verlangte das Gesetz aber, dass sich mindestens 24 Personen,
welche ihr Gewerbe bereits ein Jahr selbständig betrieben, als
Gründungsmitglieder zusammenfanden. Das traf für die Gold-
und Silberschmiede in Düsseldorf, das damals etwa 40.000 Einwohner
zählte, nicht zu.
Ende des 19. Jahrhunderts
waren es die Gold- und Silberschmiede, die den Jugendstil vorrangig
entwickelten und vorantrieben.
Im Jahre 1903
schlossen sich in Düsseldorf Kunsthandwerker verschiedener Fachrichtungen,
darunter auch ein Goldschmied, zum „Semperbund, Verein für
Handwerkskunst Düsseldorf“ zusammen, benannt nach dem Dresdner
Architekten und Kunsttheoretiker Gottfried Semper, der sich im 19.
Jahrhundert um die Stileinheit der deutschen Architektur und der angewandten
Kunst bemühte. .
Im Jahre 1934
kam es dann zur Gründung einer Gold- und Silberschmiede-Innung
in Düsseldorf, die rechtlich bis heute besteht.
Der Innungsbezirk
geht über die Düsseldorfer Stadtgrenzen weit hinaus. Während
die unter Jan Wellem gegründete Zunft sich bereits über
die damaligen Stadtgrenzen hinaus erstreckte, spätestens seit
1764 auch auf Elberfeld und Barmen, umfasste die 1934 gegründete
Innung das Stadtgebiet von Düsseldorf und den Kreis Mettmann.
Sie fusionierte am 21.04.1977 mit der Krefelder Gold- und Silberschmiede-Innung
und umfasst seitdem auch die Städte Krefeld und Mönchengladbach
und die Kreise Neuss und Viersen.
Obermeister
der Gold- und Silberschmiede-Innung Düsseldorf waren |
Hans
Beckmann 1934 - 1945
|
Josef
Herrmann 1945 - 1950
|
Edmund
Heiß 1950 - 1960
|
Paul
Günter Hartkopf 1960 – 1982.
|
Seit
dem 01.12.1982 ist Karl-Heinz Bründt Obermeister dieser
Innung. |
Die Goldschmiedekunst
in Düsseldorf war in den letzten Jahrzehnten wiederholt Gegenstand
bedeutender Ausstellungen. 1977 fand in der Stadt-Sparkasse eine Ausstellung
„400 Jahre Gold- und Silberschmiedekunst“ statt, in der
neben vielen historischen Exponaten 350 Arbeiten aus 33 Mitgliedsbetrieben
zu sehen waren. Im Jahre 1978 zeigte das Stadtgeschichtliche Museum
Düsseldorf die Ausstellung „Frommer Reichtum in Düsseldorf“,
1982 zeigte das Stadtmuseum die Ausstellung „Düsseldorfer
Goldschmiedekunst von der Renaissance bis zur Gegenwart“. Im
Jubiläumsjahr der Stadt 1988 hat dann Dr. Karl Bernd Heppe (1946
– 1997) vom Stadtmuseum in einem umfangreichen Bildband „Düsseldorfer
Goldschmiedekunst 1596 – 1918“, herausgegeben vom Düsseldorfer
Geschichtsverein, die Geschichte der hiesigen Gold- und Silberschmiedekunst
in Düsseldorf umfassend behandelt, einschließlich der Beschauzeichen,
Meisterzeichen und Jahresbuchstaben.
Wie die genannten
Ausstellungen zeigen, handelte es sich im Wesentlichen bei den erhaltenen
Erzeugnissen um kunstvolle kirchliche Geräte der Silberschmiede
des 16. bis 19. Jahrhunderts. So stellten die Gold- und Silberschmiede
aber auch Geräte, Repräsentationsobjekte und Schmuckstücke
für den weltlichen Gebrauch her: Brustschilde für hohe Würdenträger,
die Oberbürgermeisterketten von 1858 und 1926 und Siegelstöcke,
den Königsvogel und die Königsschilde der Schützenvereine,
Becher und Pokale, Humpen und Krüge, Becken und Kannen, Tafelaufsätze
und Tischleuchter, Präsentierteller und Saucieren, Salzschälchen
und Zuckerdosen, Kaffee- und Teekannen, Messer, Löffel und Gabeln.
Aus der Sicht
der handwerklichen Organisation hat Dr. Jakob Josef Spies zum 75-jährigen
Bestehen der Kreishandwerkerschaft Düsseldorf im Jahre 1974 die
Geschichte des Düsseldorfer Handwerks vor dem Hintergrund der
allgemeinen Stadtgeschichte unter ausführlicher Einbeziehung
der Gold- und Silberschmiede dargestellt.
Auf die verdienstvollen
Arbeiten von Dr. Heppe und Dr. Spies soll hinsichtlich der Einzelheiten
hier verwiesen werden.
Neben vielen hervorragenden
Goldschmieden in Düsseldorf, insbesondere im 17. und 18. Jahrhundert,
sind für das 19. Jahrhundert Namen wie Stüttgen, der für
Jugendstilarbeiten bekannt war, die Firmen Bahner und Krischer, die
„Werkstatt für kirchliche Kunst H.J. Wilms & Münster“
und die Firma C.A.. Beumers hervorzuheben.
Das Goldschmiedehandwerk
hat sich viel später als andere gestaltende Berufe erst in der
2. Hälfte des 20. Jahrhunderts der zeitgenössischen Kunst
geöffnet. Die ehemaligen Kunstgewerbeschulen wurden zu höheren
Fachschulen umgestaltet. Auch diese arbeiteten auf der Basis einer
abgeschlossenen handwerklichen Ausbildung. Material und Werkgerechtigkeit
waren von zentraler Bedeutung. In den 1970er Jahren wurden diese Schulen
dann zu Fachhochschulen mit der Forderung nach (Fach-)Abitur unter
Verzicht auf den Nachweis einer einschlägigen Gesellenprüfung
als Zugangsvoraussetzung weiterentwickelt. Damit entstanden Gegensätze
zwischen handwerklichen Goldschmieden und „Schmuckmachern“,
die sich als Designer der freien Kunstausübung näher verbunden
fühlten. Unter den Könnern beider Seiten waren die sachlichen
Unterschiede in Stil und Qualität jedoch gering.
Aus der Zeit nach
1945 sind als hervorragende preisgekrönte Goldschmiede die Betriebe
Schmitt & Staib und Weyersberg zu nennen.
Besondere Erwähnung
verdient der damalige Obermeister Paul G. Hartkopf, geb. 1925. Er
erlernte zunächst das Uhrmacher- und das Augenoptiker-Handwerk
und war als Goldschmied Meisterschüler und Mitarbeiter der Professorin
Elisabeth Treskow, Köln. Er gestaltete bevorzugt Ansteckschmuck.
Als Silberschmied formte er Geräte des sakralen und profanen
Bereichs. Seine Kreationen zeichnen sich durch eine überzeugende
und kraftvolle Klarheit aus. Von ihm stammen u. a. ein Tafelaufsatz
für das Ratssilber der Stadt Düsseldorf als Geschenk des
Ministerpräsidenten (1964) und ein goldenes Emblem, welches den
Pergamenteinband eines Buches über Düsseldorf ziert, als
Ehrengabe für Königin Elisabeth II. (1965). Er beteiligte
sich an vielen bedeutenden Ausstellungen in Europa und Übersee
und erhielt für seine kunsthandwerklichen Leistungen viele Preise.
Ferner bekleidete er eine große Anzahl öffentlicher Ehrenämter.
So war er auch Mitglied im Präsidium des Zentralverbandes seines
Handwerks.
Zu den großen
Düsseldorfer Goldschmieden der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
gehörte auch Professor Friedrich Becker (1922 – 1997),
der vor allem durch seine kinetische Kunst bekannt wurde. Nach einer
Lehre als Maschinenbauer und dem Ingenieurstudium erlernte er das
Goldschmiedehandwerk, in welchem er 1952 die Meisterprüfung ablegte
und sodann eine eigene Werkstatt eröffnete. Er war Lehrer an
der Werkkunstschule in Düsseldorf bis er 1973 als Professor an
die Fachhochschule berufen wurde.
Becker führte
gänzlich neue Formen der Schmuckgestaltung ein. Dabei brillierte
er mit einer technischen Präzision, die den Maschinenbauer und
Feinmechaniker erkennen lassen. Es gab keinen Zierat um seiner selbst
willen. Dekor war zugleich Funktion.
Becker wendete
sich von den konventionellen Schliffarten ab und ließ Steine
zu Blöcken, Kissen, Prismen, Cabochons und anderen geometrischen
Formen schleifen. Bei Becker finden wir Schmuckbeispiele aus Edelstahl
mit und ohne Steine, ebenso geometrisch geformte Ringe aus Gelbgold
ohne Edelsteine und diverse profane Geräte.
Von ihm stammt
die Amtskette des Oberbürgermeisters von Düsseldorf (1958),
und die
Obermeisterkette der Gold- und Silberschmiede-Innung Düsseldorf.
Er fertigte im Auftrage der Stadt Düsseldorf Staats- und Ehrengeschenke,
wie die Ehrenringe, welche die Stadt verleiht, einschließlich
des großen Ehrenrings für Königin Elisabeth II. (1965).
Auf dem Weg zur Kinetik schuf er als Neuentwicklung variablen Schmuck,
den der Träger in bestimmtem Umfang selbst verändern kann.
Höhepunkt
seiner Erfindungen und seiner kreativen Fantasie war 1964 die Entwicklung
von kinetischem Schmuck. Durch das Einbeziehen beweglicher Teile,
zentrischer und exzentrischer Lager, durch Balanceelemente und Impulskugeln
nehmen diese Schmuckstücke die zufälligen Bewegungen der
Trägerin auf, verstärken sie und wandeln sie in neue, differenzierte
Bewegungsabläufe um.
Große internationale
Beachtung fanden auch die vielen kinetischen Kunstobjekte im Großformat.
Hiervon seien erwähnt ein Brunnen für die Hannover-Messe,
eine perpetuelle Brunnenkinetik in Planten un Blomen, Hamburg, ein
8,5 m großes Sonnenrad für Düsseldorf-Garath, eine
Pendelkinetik in der Messe in Düsseldorf und eine 22 m hohe Wellenkinetik
im Treppenhaus in der Albrecht-Dürer-Schule in Düsseldorf.
So wurde Friedrich
Becker auf Grund seiner Innovationskraft und seines umfassenden technischen
Könnens als Klassiker der Schmuckgeschichte international anerkannt.
Neben Hermann Jünger, München, war er einer der erfolgreichsten
Schmuckkünstler der letzten 50 Jahre. Beckers Werke wurden in
zahlreichen Einzelausstellungen, u. a. in London, Wien und Johannesburg
gezeigt. Bei mehreren Wettbewerben erhielt er Auszeichnungen und Preise.
Viele Ehrungen wurden ihm zuteil, u. a. der Bayerische Staatspreis
und der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen. Seine Kunstwerke
sind weltweit in Museen vertreten. Sein künstlerischer Nachlass,
insbesondere Schriften und zeichnerische Entwürfe, werden im
Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg verwahrt.
Alle drei Jahre
wird der „Friedrich-Becker-Preis“ für die beste Gold-
und Silberschmiedearbeit verliehen. Die Überreichung findet im
Hause des Goethe-Museums statt.
Seit 1960 entwickelte
die Gold- und Silberschmiede-Innung Düsseldorf viele Aktivitäten
mit erfreulich intensiver Öffentlichkeitsarbeit:
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1960
fand eine Schmuckausstellung im Hetjensmuseum statt. |
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1963
hielt der Zentralverband seine Jahresversammlung in Düsseldorf
ab, wobei preisgekrönte Arbeiten von Schmuck mit Perlen
präsentiert wurden. |
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1964
stellten die Londoner Goldschmiede im Rahmen der „Britischen
Woche“ gemeinsam mit den hiesigen Kollegen in Düsseldorf
ihre Erzeugnisse aus und die Düsseldorfer Innung knüpfte
Kontakte mit den britischen Kollegen. |
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Ab 1970
wurde der Eligiustag (1. Dezember) mehrfach groß gefeiert. |
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1977
wurde anlässlich einer Goldschmiedeausstellung in den
Räumen der Stadt-Sparkasse Düsseldorf Bundespräsident
Walter Scheel als Schirmherr der Gesellschaft für Goldschmiedekunst
gewonnen und |
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1973
verlieh die Handwerkskammer Düsseldorf dem Bundespräsidenten
Scheel einen Ehrenring, den ein hiesiges Innungsmitglied gestaltet
hatte. |
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1982
wurden anlässlich des 275-jährigen Innungsjubiläums
Silberarbeiten mit Düsseldorfer Meisterzeichen ausgestellt.
Im selben Jahr tagte nochmals der Zentralverband in Düsseldorf
mit einem umfangreichen Programm, wobei „Mode und Schmuck“
auf dem Festabend eindrucksvoll präsentiert wurden. |
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1998
und 2000 gewannen einige Düsseldorfer Innungsmitglieder
den auf Bundesebene ausgeschriebenen Wettbewerb „Schmuckpreis
Nordrhein-Westfalen“. |
Darüber hinaus
fanden in den Jahren bis 1995 im Stadtmuseum in dichter Folge Sonderausstellungen
von Schmuck statt.
Wiederholt stiftete
die Innung Silberteller für das Ratssilber der Stadt, so 1970
anlässlich des Eligiustages. Auch einzelne Innungsmitglieder
stifteten der Stadt Geräte für das Ratssilber.
Die heutige Situation
des Gold- und Silberschmiede-Handwerks im Allgemeinen und der Düsseldorfer
Innung im Besonderen stellt sich wie folgt dar:
Die Innung zählt
38 Mitgliedsbetriebe, von denen 19 ihren Betriebssitz in Düsseldorf
haben, fünf in Krefeld, zwei in Meerbusch und zwei in Kempen.
Weitere zehn Mitglieder verteilen sich auf die verschiedenen Orte
des Einzugsgebietes. In den 1960er Jahren gehörten der Innung
noch 60 Betriebe an, Juweliere, Gold- und Silberschmiede. Vergleicht
man diese Zahlen mit der Betriebsdichte in früherer Zeit, so
ergibt sich, dass um 1840 in Düsseldorf auf rund 500 Einwohner
ein Goldschmied (Betriebsinhaber + Arbeitnehmer) kam, während
heute auf etwa 4000 Einwohner ein handwerklicher Goldschmied kommt.
Auf jeden Mitgliedsbetrieb kommt heute durchschnittlich ein Beschäftigter.
Vor 40 Jahren kamen noch durchschnittlich zwei Gesellen auf einen
Betrieb. Die renommierte Firma Weyersberg auf der Königsallee
beschäftigte noch bis zu 70 Mitarbeiter und hatte noch 19 Mitarbeiter,
als sie 1994 ihren Betrieb aufgab. Dabei entfielen 80% ihres Umsatzes
auf exklusive Einzelanfertigungen.
Im Innungsbezirk
werden zur Zeit 33 Lehrlinge ausgebildet, davon 21 weibliche und 12
männliche. Diese Zahl hat sich in den letzten 20 Jahren halbiert,
während das Zahlenverhältnis der weiblichen zu den männlichen
Lehrlingen seit mindestens 40 Jahren unverändert ist. Vor dem
zweiten Weltkrieg waren weibliche Beschäftigte im Gold- und Silberschmiede-Handwerk
noch seltener. Immerhin gab es in Düsseldorf vor 40 Jahren schon
ebenso viele weibliche wie männliche Beschäftigte in den
Mitgliedsbetrieben. Seit Jahren bewerben sich in diesem Handwerk weit
mehr Schulabgänger um einen Ausbildungsplatz als Plätze
zur Verfügung stehen. Trotzdem ist es für die erfolgreich
ausgebildeten jungen Gesellen und Gesellinnen noch schwierig, einen
Arbeitsplatz in ihrem Beruf zu finden. Der Berufsschulunterricht findet
in Essen-Ost statt, in dem jährlich eine Woche praktischer Berufsschulblockunterricht
integriert ist. Die Ausbildung dauert dreieinhalb Jahre. (1706 wurde
die Lehrzeit noch auf sechs Jahre festgelegt.) Seit 1992 kann im dritten
und vierten Ausbildungsjahr der Goldschmied zwischen den Fachrichtungen
Schmuck, Juwelen und Ketten wählen, der Silberschmied zwischen
den Schwerpunkten Metall und Email. Im praktischen Teil der Gesellenprüfung
hat der Prüfling in höchstens 32 Stunden ein Prüfungsstück
nach eigenem Entwurf anzufertigen.
Seit der Dritten
Handwerks-Verordnung von 1935 und übereinstimmend mit der Handwerksordnung
von 1953 hatte grundsätzlich jeder, der sich im Gold- und Silberschmiede-Handwerk
selbständig machen wollte, zuvor die einschlägige Meisterprüfung
abzulegen. Mit der Gesetzesnovelle von 1965 wurden das Goldschmiedehandwerk
und das Silberschmiedehandwerk zu zwei getrennten Berufen erklärt.
1998 wurden diese beiden Berufe wieder zusammengelegt. Seit dem 1.
Januar 2004 ist die selbständige Ausübung des Gold- und
Silberschmiedehandwerks zulassungsfrei, d. h. jeder darf diesen Beruf
selbständig gewerblich ausüben ohne vorherigen Qualifikationsnachweis.
Dies hat übrigens den Bestand der Mitgliederzahl der Innung nicht
wesentlich beeinflusst.
Während es
sich bei den erhaltenen und vorwiegend museal gezeigten Produkten
der Gold- und Silberschmiede des 18. und 19. Jahrhunderts vor allem
um Sakralgeräte handelt, befassen sich die Gold- und Silberschmiede
heute mit der Anfertigung von Schmuckstücken wie Ringen, Ketten,
Broschen, Colliers, Armbändern und Anhängern, auch in Verbindung
mit Schmucksteinen. In erster Linie wird Gold verarbeitet. Dabei dominiert
585er und 750er in verschiedenen abgestuften Legierungen. Gelbgold
wird häufiger als Weißgold verarbeitet. Auch Platin kommt
zur Anwendung, während Silber in der handwerklichen Einzelanfertigung
heute weniger gefragt ist, weil der Arbeitsaufwand im Verhältnis
zum Metallpreis zu hoch ist. Bei der Verarbeitung von Edelsteinen
werden von vielen Goldschmieden die Steine mit großer Mohshärte,
nämlich Brillanten, Rubine und Saphire bevorzugt. Daneben sind
aber auch Opale und Topase beliebt, und selbstverständlich dürfen
Perlen nicht unerwähnt bleiben.
Die Ausführung
von Reparaturen ist rückläufig, weil sie oft nicht lohnt.
Inwieweit Reparaturen anfallen ist von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich.
Auch der Anteil des Handels mit Industrieartikeln in den Ladengeschäften
der Innungsmitglieder ist außerordentlich verschieden. Gern
werden Ketten und Armbänder fertig zugekauft.
Die Stärke
des Handwerks gegenüber der Industrieproduktion liegt in der
Anfertigung von Unikaten und der Kreativität des einzelnen Goldschmiedes,
der Handwerker und zugleich Künstler ist. Er kann auf individuelle
Vorstellungen und Wünsche des Kunden eingehen oder auf den Typ
und Geschmack des Kunden abgestellt seinerseits eine eigene Gestaltungsidee
entwickeln. Dann zeigt er seine Vorschläge dem Kunden zunächst
als Zeichnung.
Eine allgemeine
vorherrschende Stilrichtung kann in der Schmuckanfertigung schwerlich
festgestellt werden. Dafür sind die Goldschmiede zu sehr Individualisten.
Der Stil ist strenger, puristischer und weniger verschnörkelt
geworden. Die Schmuckstücke dürfen größer werden
mit größeren und weniger harten und damit weniger teuren
Steinen.
Die technischen
Fortschritte sind an den Goldschmieden nicht vorbeigegangen: elektrisch
betriebene Hängebohrer (wie beim Zahnarzt) erleichtern die Arbeit.
Besonders handlich sind Microbohrer, die es seit mehr als 10 Jahren
gibt und bei denen der Motor im Handgerät liegt und die deshalb
nur an einem elektrischen Kabel, statt an einem mechanischen Drehelement,
hängen. Eine große Arbeitserleichterung bietet auch der
Laser, der vor 25 Jahren im Goldschmiedehandwerk beim Trennen, Fügen
und Bohren Einzug hielt. Er ermöglicht punktgenaues Schweißen.
Das ist vor allem beim Einfassen von Steinen vorteilhaft, weil dadurch
eine zu starke Erhitzung des Steins vermieden wird. Ferner können
die fertigen Werkstücke nach dem Polieren mit Ultraschall gereinigt
werden. Auch bei der Gusstechnik haben die Goldschmiede ein Verfahren
von den Zahntechnikern übernommen, indem sie für Abdrücke
ein Material verwenden, das sich gummiartig verfestigt und dann als
Negativform beliebig oft wieder verwenden lässt. So kann heute
vieles gegossen werden, was früher in aufwändiger Handmontage
geschmiedet und gefräst werden musste. Arbeitsabläufe werden
erleichtert und gesundheitsschonend durch Verwendung von Poliermaschinen
mit Absauganlagen ausgeführt. Auch die galvanischen Maschinen
zum Vergolden und Versilbern wurden fortentwickelt. Zum Rhodinieren,
d. h. zum Aufbringen eines Platinüberzugs, gibt es heute ebenfalls
Maschinen.
Abgesehen von
diesen Arbeitserleichterungen hat das charakteristische Berufsbild
des Goldschmieds in den letzten hundert Jahren seine Arbeitstechniken
beibehalten und keine neuen Fertigkeiten übernommen. Das gilt
für die im Berufsbild notwendigen Fertigkeiten wie Sägen,
Feilen, Löten, Legieren, Schmelzen, Anfertigen von Ketten ebenso,
wie für das Behandeln von Oberflächen. So ist das Berufsbild
in seinem Kern unverändert geblieben.
Die meisten Kunden
gehen davon aus, dass der Goldschmied ein Ladengeschäft haben
müsse. Da die Ladenmieten an Einkaufsstraßen und das Ladenpersonal
teuer sind, ist das für kleinere Betriebe mit geringem Anteil
an Handelsware keineswegs mehr selbstverständlich. Die zeitaufwändige
Einzelanfertigung von Schmuckstücken ist nicht mit laufenden
Kundenkontakten verbunden. Gerade angesehene, hochqualifizierte und
künstlerisch orientierte Goldschmiede können ohne Ladengeschäft
mit Mundpropaganda, Kundenanschreiben und Vernissagen ausreichende
Werbung betreiben. Auch wer zum Beispiel auf Grund seines Alters oder
aus anderen Gründen nicht hauptberuflich sein Geschäft betreibt,
kann auf ein Ladenlokal verzichten.
Unter den Innungsmitgliedern
finden wir auch heute Künstler, deren Exponate den hohen handwerklichen
Qualitätsanspruch in gestalterischer Hinsicht noch übersteigen.
Da werden kunstvolle Dekorationsobjekte geschaffen, z. B. mit LED-Dioden
in laufend wechselnden Farben. Für Ketten und Anstecker wird
auch Leder und Holz in Verbindung mit Edelmetall verwendet. Man findet
Geflechte von so dünnem Silberdraht, die aussehen und sich anfühlen
wie Gaze.
Die Mitglieder
der Düsseldorfer Gold- und Silberschmiede-Innung beteiligen sich
auch erfolgreich an Wettbewerben, z. B. zur Erlangung des Cellinipreises,
des nordrhein-westfälischen Staatspreises des Kunsthandwerks
und des Q-rouge (einer Auszeichnung für Gestaltungsqualität
im nordrhein-westfälischen Handwerk).
Dem Zug der Zeit
folgend ist die Düsseldorfer Innung im Internet unter „www.gold-und-silberschmiede-innung.de“
zu erreichen.
Nach wie vor ist
Düsseldorf europaweit ein attraktives Pflaster für den Kauf
von wertvollem Schmuck.
Matthias
Michael
Geschäftsführer
a. D. der Gold- und Silberschmiede-Innung Düsseldorf
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